Die richtige Langfahrtyacht finden: Ein umfassender Ratgeber

Liebe Leserinnen und Leser,

die Motive und Träume, eine Langfahrt zu unternehmen, sind vielfältig – ebenso die Anforderungen an die passende Langfahrtyacht. Seit 2017 durchforsten wir als Familie den internationalen Yachtmarkt, kennen alle großen Plattformen, zahlreiche kleinere Bootsbörsen und haben tausende Schiffsinserate genau geprüft. Wir haben Schiffe besichtigt, mit Eignern und Maklern gesprochen und wertvolle Tipps von erfahrenen Langfahrtseglern erhalten. In unzähligen Gesprächen und Seminaren haben wir uns umfassendes Wissen über Yachtkonstruktion, -bau und Seetüchtigkeit angeeignet.

Obwohl wir unser eigenes Schiff noch nicht gefunden haben, haben wir gelernt, hochseetüchtige Fahrtenyachten aus der Ferne zu bewerten. Unser Ziel mit diesem Ratgeber ist es, andere vor Enttäuschungen und gefährlichen Fehlkäufen zu bewahren.

Gründe für diesen Ratgeber

  1. Die Yachtbranche ist undurchsichtig: Die Branche ist für Laien verschwiegen, kompliziert und betrugsanfällig. Seriöse Yachtmakler gibt es zwar noch, aber man muss sich auf viele Tricks und Betrügereien einstellen. Unserer Erfahrung nach sind 90% der Inserate unvollständig, und von 10 Yachten sind oft 7 Schrott. Schäden bis zur Havarie werden arglistig verschwiegen. Ein Schweizer Mathematikprofessor bot uns eine Amel Maramu an, die er zuvor selbst als Schrotthaufen bezeichnet hatte. Ein anderer Segler wollte uns eine havarierte Van de Stadt Tasmann 48 für über 297.000 Euro verkaufen, ohne die schweren Schäden offenzulegen. Solche Fälle häufen sich und schaden der gesamten Yachtbranche. Manche Eigner versuchen nur, ihre eigenen Verluste auszugleichen. Seien Sie nicht derjenige, der auf solche Angebote hereinfällt.
  2. Vermeidung von Fehlkäufen: Viele Menschen geben ihren Traum vom Langfahrtsegeln auf, weil sie von betrügerischen Verkäufern getäuscht werden. Unser Ratgeber soll helfen, solche Situationen zu vermeiden.
  3. Sicherheit an Bord: Ein nicht seetüchtiges Schiff kann zur Lebensgefahr werden. Unsere Tipps sollen sicherstellen, dass Ihre erste große Fahrt nicht Ihre letzte ist.
  4. Branchenverbesserung: Wir möchten die Yachtbranche dazu anregen, mehr Wert auf Seetüchtigkeit und Materialqualität zu legen, statt auf Designaspekte.

Wichtige Hinweise

Der Kauf einer Blauwasseryacht ist weitaus komplexer als der Kauf eines PKWs. Viele unterschätzen die Herausforderungen und Risiken, die damit verbunden sind. Es gibt keine umfassenden gesetzlichen Schutzmaßnahmen, die den Käufer vor schlechten Entscheidungen bewahren.

Tipps für den Kauf

  1. Zeitplanung: Planen Sie ausreichend Zeit ein, um herauszufinden, welche Schiffskonstruktion und Ausstattung für Sie die richtige ist. Dies geht nicht über Nacht und erfordert fundiertes Wissen. Informieren Sie sich über „ermüdungsfreies Segeln“ – es mag romantisch sein, sich am Ruder zu sehen, aber auf längeren Strecken kann dies sehr ermüdend sein, wenn der Autopilot oder die Windsteueranlage ausfallen. Ein Innensteuerstand bietet hier deutlich mehr Komfort.
  2. Materialwahl: Beschäftigen Sie sich mit den verschiedenen Materialien, aus denen Schiffe gebaut werden. Es gibt zahlreiche Ressourcen, wie YouTube-Videos und Literatur, die die Vor- und Nachteile von Holz, Ferrocement, Aluminium, Stahl, GFK und Polyester erläutern. Ein Beispiel: Obwohl GFK-Schiffe wie die Amel Super Maramu beliebt sind, können sie bei Kollisionen leichter beschädigt werden als Metallrümpfe. Aluminium bietet viele Vorteile, erfordert jedoch penible Pflege, um Korrosion zu vermeiden, was auf Langfahrt eine Herausforderung sein kann.
  3. Selbstüberschätzung vermeiden: Die Seefahrt ist eine komplexe und anspruchsvolle Kunst. Investieren Sie Zeit und Mühe, um das nötige Wissen zu erwerben. Ein unüberlegter Kauf kann zu erheblichen finanziellen Verlusten oder sogar lebensgefährlichen Situationen führen.
  4. Prüfung der Yacht: Jedes Schiff ist ein Unikat. Verlassen Sie sich nicht auf Annahmen, sondern prüfen Sie alles selbst oder lassen Sie sich von Experten unterstützen. Sie sollten allerdings nicht unbedingt davon ausgehen, dass ein ‚Experte‘ für Sie die richtige Yacht schon finden, begutachten und restlos alle technischen Details, die kaputt, verschwiegen oder versteckt sein könnten, aufdecken wird. Wir persönlich haben gute Gutachten gesehen, aber auch sehr schlechte, die lediglich einer langen Ausrüstungsliste für Zusatzausrüstung glichen, anstatt eine vernünftige Auskunft über die wichtigen Teile und den Schiffszustand zu geben. Die wichtigsten Teile sind: Rumpf, Mast, Rigg und Motor. Achten Sie darauf, ob das Schiff im Wasser oder an Land begutachtet wurde. Hinweise oder Ausschlüsse des Gutachters sollten ernst genommen werden, insbesondere wenn er zu gewissen Schiffsteilen „keine gutachterliche Aussage treffen kann/will“, da diese schlicht nicht gesehen wurden. Gutachten, die bereits Jahre alt sind, haben wenig bis keine Aussagekraft, da sich Schiffe schnell verändern können, wenn sie lange im Wasser liegen und wenig gepflegt werden.
  5. Rumpf: Der Rumpf eines Langfahrtschiffes ist weit größeren Belastungen ausgesetzt als eine Ferien- oder Wochenendyacht. Eine Weltumsegelung umfasst etwa 22.000 Seemeilen – Entfernungen, die eine Ferienyacht selten in ihrem Leben segelt. Der Rumpf einer Blauwasseryacht muss extremen Belastungen standhalten: Wellen, das Stampfen der Yacht, heftige Bewegungen am Bug und die Kräfte, die durch das Rigg auf den Rumpf wirken. Eine Anker-Zugentlastung kann zwar die Kräfte mildern, ersetzt aber nicht ein stabiles Buggeschirr und eine robuste Rumpf- und Ankeraufbau-Konstruktion. Bei GFK-Yachten sollte darauf geachtet werden, ob die Wanten unter Deck größere Gegenplatten benötigen, besonders wenn stärkere Wanten (9-10 mm) eingesetzt werden sollen, um Windstärken von 50-70 Knoten zu widerstehen. Auch die allgemeine Pflege und der Zustand des Riggs sind entscheidend. Ein unkontrolliertes Rigg kann Haarrisse verursachen oder die Oberdecksschale von GFK-Yachten lösen, was das Schiff wertlos oder eine Reparatur sehr teuer macht. Bei Stahlyachten und Aluminiumyachten sind solche Fehlerquellen weniger verbreitet, da sie stabiler sind und besser mit Zugkräften umgehen können. Es ist jedoch wichtig, dass Aluminiumyachten gut isoliert und gegen Korrosion geschützt sind.

Neue Tipps

  1. Zurückhaltende Professionalität: Nach vielen Enttäuschungen mit Maklern haben wir gelernt, eine zurückhaltende Professionalität an den Tag zu legen. Erwarten Sie nicht, dass jedes Online-Inserat der große Wurf ist. Wenn Sie wissen, welches Schiff oder welche Schiffsart für Sie geeignet ist, gehen Sie ruhig und besonnen vor.
  2. Überfüllter Yachtmarkt: Der weltweite Yachtmarkt ist überfüllt mit Schiffsinseraten aller Bauarten und Typen. Eigentlich müsste der Markt in sich zusammenfallen, aber Hartnäckigkeit der Branche und staatliche Vernichtungsaktionen von aufgegebenen Yachten (wie in Frankreich 2021, wo 55.000 Segelyachten vernichtet wurden) stabilisieren den Markt.

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